„All diesen Menschen soll ein Gesicht gegeben werden“,
sagten Merle Lankenau und Sedona Leverenz in ihrer Rede zur Eröffnung der Ausstellung „Auf dem Weg der Anne Frank – Zeitzeugenberichte entlang der Gleise“ im Stadtmuseum. Und das geschieht in vielfacher Hinsicht.
Beim Hineinkommen in den Ausstellungsraum fällt sofort eine Art Zugabteil auf. „Wartebereich“ wird das genannt, und man mag es gar nicht glauben – so freundlich wirkt das. Es geht doch um die 1945 getötete Anne Frank. Darin sind dann Fotos zu sehen und biografische Daten von Menschen, die von den Niederlanden aus in die Konzentrationslager deportiert wurden. Und hier merkt man, es ist kein Zugabteil, sondern ein Transportwaggon, der damals zum Transport hätte verwendet werden können. Dahinter sind dann sechs Hörstationen, in denen Zeitzeugen von diesseits und jenseits der niederländischen Grenze über ihre Beobachtungen und Erfahrungen mit den Deportationszügen. berichten. .In diesen Zügen saßen auch jüdische Mitbürger aus Oldenburg, die nach Holland emigriert waren, und nun in Viehwaggons von Westerbork kommend über Groningen Leer und Oldenburg in die Vernichtungslager nach Auschwitz und Sobibor transportiert wurden.
Buchstäblich eingerahmt wird dieses Grauen auf einer Fotowand von 176 jüdischen Mitbürgern aus Oldenburg, die von den Nazis verhaftet und getötet wurden. An der Stirnwand sind einige beeindruckende Linolschnitte von Menschen der Fotowand ausgestellt – eine ikonenhafte Darstellung in der Tradition von Andy Warhol. „All diesen Menschen soll ein Gesicht gegeben werden…“
Ein Zeitzeuge der Hörstationen, Franz Marheineke, war als Gastredner anwesend und schilderte anschaulich seine Beobachtungen, die er als Schuljunge am Bahnhof Weener gemacht hatte: „Wir hörten die Rufe und Schreie nach Wasser…. Aus jedem Waggon durfte nur eine Person …Wasser holen ….Das mussten die armen Leute dann mit der Hand aus dem Eimer schöpfen und trinken… meine Mutter wußte es …. Sie sagte:´Das sind alles arme Menschen, die in Holland verhaftet wurden und jetzt nach Rußland verschleppt werden. Dort müssen sie ihre eigenen Gräber ausheben und dann kommen sie vor die Maschinengewehre der Nazis.´ woher sie das wusste, haben wir nie erfahren“.
Eingeleitet wurde die Ausstellung von der Percussion-AG unter Leitung von Andreas Maske mit einem passenden Becher-Arrangement, das das Stampfen des Zuges und die Technisierung der Vernichtungsmaschinerie nachempfand. Die Ausstellung wird noch bis zum 6.12. im Stadtmuseum zu sehen sein.