Auslandsjahr 2016/17 Norwegen – von Liselotte Kehnscherper
Ich bin Lieselotte und seit dem 12. August 2016 verbringe ich nun mein Auslandsjahr in Norwegen, genauer gesagt in Koppang, einem kleinen, von Bergen umgebenen Ort in der „fylke“ Hedmark in Ostnorwegen.
Hier in Norwegen wohne ich in einer norwegischen Gastfamilie. Ich habe eine Gastmutter, einen Gastvater, eine 10-jährige Gastschwester, einen Hund und eine Katze. Meine Gastfamilie ist mittlerweile für mich wie eine zweite Familie geworden.
Obwohl ich in Deutschland erst in die 10. Klasse gehen würde, gehe ich hier in die 11. Klasse der Midt-Østerdal videregående skole, dies ist die weiterführende Schule. In Norwegen gibt es einmal die Barneskole 1-7 Klasse (Grundschule), Ungdomskole 8-10 Klasse (Mittelschule) und die videregående skole (weiterführende Schule) 11-13 Klasse. Auf der videregående skole gibt es verschiedene Linien, die man wählen kann. Ich gehe in die Linie „Studienspezialisierung“, welche drei Jahre lang dauert. Dann gibt es aber auch noch verschiedene Berufslinien, z.B.: Elektro, Gesundheit, Kinder- und Jugendarbeit, etc.
Die Berufslinien dauern zwei Jahre lang. Meine Schule ist sehr klein, wir haben knapp 100 Schüler und in meiner Klasse sind wir gerade einmal 6 Schüler. Dies war eine ganz neue, aber auch sehr interessante Erfahrung für mich. Das norwegische Schulsystem ist überhaupt ganz anders als das deutsche. Alleine der Umgang zwischen Schülern und Lehrern ist eher freundschaftlich und man duzt die Lehrer. In Norwegen wird die Sie-Form nur im Königshaus angewendet. Jeder Schüler hat seinen eigenen Laptop, mit dem viel gearbeitet wird, und Bücher werden von der Schule gratis zur Verfügung gestellt. Es werden keine klassischen Hausaufgaben aufgegeben, wie wir sie aus Deutschland kennen, sondern wenn etwas aufgegeben wird, dann wird sehr viel mit Aufsätzen gearbeitet, die die Schüler auf den Laptops schreiben. Noten werden von 1-6 vergeben, wobei 1 die schlechteste und 6 die beste Note ist.
Vor allem am Schulsystem merkt man, was für ein reiches Land Norwegen doch ist. Vieles hier ist um einiges moderner als in Deutschland. Es gibt Laptops und Wi-Fi in der Schule, man kann ALLES mit Karte zahlen, freies Wi-Fi steht fast überall zur Verfügung. Der Lebensstandard ist um einiges höher als in Deutschland, was aber leider auch dazu führt, dass Norwegen extrem teuer ist.
Als ich hergekommen bin, konnte ich genau ein Wort Norwegisch und das war „hei“. Deswegen war der Anfang nicht ganz einfach. Zwar sprechen die Norweger alle super Englisch, allerdings habe ich nichts verstanden, wenn sich Leute unterhalten haben. In der Schule musste auch immer alles für mich übersetzt werden. Mittlerweile spreche ich aber seit Februar nur noch Norwegisch, verstehe alles und schreibe ebenfalls alles auf Norwegisch. Darauf kann man am Ende doch immer stolz sein.
Die Norweger sind unglaublich liebe und herzliche Leute, allerdings auch sehr schüchtern. Das hat dazu geführt, dass es am Anfang für mich unglaublich schwer war, Freunde zu finden. Ich war eine sehr schüchterne Person und wurde plötzlich damit konfrontiert, dass ich auf Leute zugehen muss, wenn ich Freunde finden möchte. Aber auch daran bin ich gewachsen und wenn man erstmal mit jemandem in Kontakt getreten ist, dann hat man echte Freunde fürs Leben gewonnen. Mittlerweile habe ich die besten Norwegischen Freunde, die man sich nur wünschen kann.
Das Jahr ging so schnell um und ich kann gar nicht glauben, dass ich in 2-3 Wochen schon wieder nach Deutschland zurückfliege. Ich freue mich natürlich darauf, alle in Deutschland wieder zu sehen, aber ich werde Norwegen, mein Leben hier und all die tollen Menschen, die ich hier kennengelernt habe, unglaublich vermissen.
Zum Schluss möchte ich sagen, dass ich wirklich jedem ans Herz legen kann ein Auslandsjahr zu machen, wenn man die Möglichkeiten dazu hat. Es ist definitiv nicht immer einfach, vor allem nicht am Anfang, wenn man so eine schüchterne Person ist wie ich es war. Es gibt selbst bei den besten Auslandsjahren immer Hoch- und Tiefphasen. Das ist normal und gehört dazu, aber genau an solchen Sachen wächst man ungemein. So etwas sollte definitiv kein Grund sein, auf so ein Jahr zu verzichten. Die Erfahrungen, die man in einem Auslandsjahr macht, sind es einfach wert. Man lernt eine neue Sprache kennen oder lernt, eine Fremdsprache besser zu sprechen. Man lernt neue Menschen und eine fremde Kultur kennen und findet neue Freunde und eine Familie in einem anderen Land. Man lernt einfach Dinge, die man niemals lernen würde, wenn man zu Hause bleiben würde.
Lieselotte Kehnscherper